Amalgam

Kunstverein Schweinfurt, 16.10.2025 – 11.01.2025

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Mit weichem, lautmalerischem Klang bezeichnet das Wort Amalgam die Verbindung, Vermischung und Legierung unterschiedlicher Metalle, Substanzen oder anderer Stoffe. Heterogenes, Vielfältiges, ja vielleicht sogar Widersprüchliches wird durch besondere Prozesse miteinander verschmolzen und bildet schließlich etwas Eigenständiges und Vollkommenes: ein Amalgam. Das schriftliche Zeichen und die evozierte inhaltliche Vorstellung vereinigen sich.

Auch Julian Felix Kirchner bedient sich solcher Prozesse in seinem Werkschaffen. Als künstlerisches Ausdrucksmedium wählt er den Holzdruck, eine handwerklich aufwändige Technik, die zu den ältesten Verfahren der Menschheit zählt, um Bilder nachhaltig zu bewahren. Als ungemein bestechend muss Kirchners künstlerisches Vorgehen bezeichnet werden, dieser Jahrtausende alten Kunst seine zeitgenössisch wahrlich überzeugende Ästhetik einzuschreiben und dadurch neuartige Verbindungen zu knüpfen, die staunen machen. Er vereint Modernes mit Tradiertem, Hartes mit Zartem, Heiteres mit Ernsthaftem und Grafisches mit Malerischem. 

Das Spektrum seiner Motivwahl reicht von der fein abstrahierenden Linie mit leisen Anklängen an die asiatische Kunst bis hin zu kraftvoll lauten Comicszenen. So kann ein Totenschädel schon ins Zähneknirschen verfallen, während dem freundlichen Apfel ob seiner eigenen Saftigkeit das Wasser im Munde zusammenläuft. Auf einem einzigen Blatt vermögen sich Schönheit und Tod zu begegnen. Die sehr fragilen wie schützenswerten Schmetterlinge schwirren gefährlich nahe vor dem als giftig bekannten, weil arsenhaltigen „Schweinfurter Grün.“ Surreal inspirierter Humor, der versteckt an Dada erinnert, lässt Kirschen im Takt hüpfen, Wolken weinen und einen zornigen Vollmond in die Luft gehen. Daneben gesellen sich tierische Nachbarn, wie ein etwas widerwillig niederknieender Elefant oder jenes vor Freude tanzende Pferd.  

Besonders ziehen die schmiegsamen Katzen alle Blicke auf sich. In ihrer vom Künstler so behutsam beobachteten geheimnisvollen Wesenheit dürfen sie elegant und selbstbewusst durch die großformatigen Bilder schleichen oder sich vertraut zueinandergesellen. 

So mannigfaltig die Werke Julian Felix Kirchners auch sein mögen, eine Gemeinsamkeit verbindet sie alle. In jedem einzelnen Blatt kommt der schwarzen Linie eine bildkonstituierende Rolle zu. Sie ist ureigenster Bestandteil aller grafischen Techniken und der Künstler vermag sie virtuos und immer wieder aufs Neue zu erfinden. Unter seinen Händen wird sie vom Zeichen zum Symbol und schließlich auch selbst zum Inhalt. Ständig wandelt sie ihre Form und damit ihre Eigenschaften. Sie ist Ausgangspunkt und Fragezeichen. Sie ist die stabilisierende Kraft, um die sich die koloristisch aufregend gestaltete Motivwelt entfalten kann. Sie ist die wegweisende Begrenzung. Sie ist der Akzent, der die Betonung ändert. 

Sie ist das verbindende Element.

Dr. Teresa Bischoff,
Kunsthistorikerin, Fürth

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